Recht

legal

Rechtslage allgemein

Die Rechtsverhältnisse der in Deutschland lebenden Ausländer werden durch eine Vielzahl von Gesetzen bestimmt. Von besonderer Bedeutung sind das Aufenthaltsgesetz und das Asylverfahrensgesetz.

Einreise und Aufenthalt in Deutschland

Maßgeblich für die Regelung von Einreise und Aufenthalt in Deutschland ist das Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Es bestimmt, dass Ausländer aus Drittstaaten grundsätzlich nur dann nach Deutschland einreisen und dort leben dürfen, wenn sie in Besitz eines gültigen Passes und eines Aufenthaltstitels sind (§§ 3 ff. AufenthG). Aufenthaltstitel sind das Visum, die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU. Die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt EU gelten unbefristet.

Die Aufenthaltstitel werden in der Regel nur dann erteilt, wenn die Kriterien des § 5 Abs. 1,2 AufenthG erfüllt sind. Danach muss die Passpflicht erfüllt, die Identität geklärt und der Lebensunterhalt gesichert sein. Als gesichert gilt der Lebensunterhalt nach § 9c Nr.3 AufenthG nur dann, wenn der Ausländer gegen das Risiko der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit durch eine gesetzliche Krankenversicherung oder einen gleichwertigen Versicherungsschutz abgesichert ist.

Völkerrecht und Begriffsbestimmung

Das Völkerrecht zieht eine klare Trennlinie zwischen Menschen, die aufgrund bestimmter und definierter äußerer Einflüsse zur Flucht gezwungen sind („Flüchtlinge“), und Menschen, die aus eigenem Antrieb auf der Suche nach besseren Lebensperspektiven ihr Land verlassen (Migranten).

Laut Artikel 1A der Genfer Flüchtlingskonvention ist ein Flüchtling eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.

Quelle:Tagesschau.de vom 07.08.2015, https://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-531.html vom 29.06.2018

* Statt „Flüchtlinge“  verwenden wir auf dieser Website soweit möglich den Begriff „Geflüchtete“.

Asylberechtigte, Geflüchtete, subsidiärer Schutz

Im Falle eines Aufenthalts aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (§§ 22 ff. AufenthG) kann bzw. muss ein Aufenthaltstitel aber auch dann erteilt werden, wenn die genannten Kriterien nicht oder nur teilweise erfüllt sind. Das trifft insbesondere für  anerkannte Asylberechtigte (§ 25 Abs. 1 AufenthG) und Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonventionen, sog. Konventionsflüchtlinge (§ 60 Abs. 1 AufenthG) zu. Sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis auch dann, wenn sie bei der Einreise nicht im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels oder Passes sind. Die Aufenthaltsgenehmigung wird ihnen für die nächsten drei Jahre erteilt. Zusätzlich erhalten Asylberechtigte und Konventionsflüchtlinge einen internationalen Reiseausweis für Flüchtlinge.

Grundgesetz und Genfer Flüchtlingskonvention

Lange Zeit spielte das Asylrecht nach Artikel 16a GG [Anm. d. Red.: Art 16a GG: Politisch Verfolgte genießen Asyl] die wichtigste Rolle, nach und nach wurden die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention relevanter. Diese umfasste mehr Menschen und unterschiedliche Fluchtgründe, z.B. wenn der Geflüchtete im Herkunftsstaat verfolgt wurde, zu Beispiel zu Milizen oder Terrorgruppen und sich nicht innerhalb seines Landes in Sicherheit bringen könnte.Auch die Genfer Flüchtlingskonvention setzt die Verfolgung der person oder der Volksgruppe oder Religion voraus, der sie angehört

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, Mathias Metzger, http://www.bpb.de/izpb/256669/asylgrundrecht vom 29.06.2018

Wenn weder das deutsche Asylrecht noch die Genfer Flüchtlingskonvention greift, können Asylsuchende subsidiären Schutz nach der Europäischen Menschenrechtskonvention in Anspruch nehmen. Dafür müssen sie begründen können, dass ihnen in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Ein ernsthafter Schaden ist die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter, unmenschliche Behandlung oder Bestrafung oder die Bedrohung des Lebens im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen, bewaffneten Konflikts.  Ihnen wird dann ein einjähriger Schutz mit der Möglichkeit der Verlängerung auf drei Jahre gewährt, vgl. § 26 Abs.1 Satz 3 AufenthG.

Familiennachzug bei Asylberechtigten und anerkannten „Flüchtlingen“

Asylberechtigte (nach Art. 16a GG)  und anerkannte Flüchtlinge (Schutz nach Genfer Flüchtlingskonvention) sind berechtigt, Ehegatten und minderjährige Kinder nach Deutschland nachzuholen. Ebenso können unbegleitete Minderjährige ihre Eltern nachziehen lassen.

2022 wurden von den deutschen Botschaft 117.000 Visa mit dem Ziel der Familienzusammenführung ausgestellt – davon gingen etwa 18.400 an Angehörige von syrischen (13.750), afghanischen (3.200) und irakischen Staatsbürger*innen (1.450).

Quelle: Mediendienst Integration

Für Geflüchtete, die „subsidiären Schutz“ erhalten, gelten andere Regelungen.

Bitteres Thema: Familiennachzug bei subsidiär Schutzbedürftigen

Waren zunächst Familien von subsidiär Schutzbedürftigen in die Regelung des Familiennachzugs mit einbezogen, änderte sich die Situation ab März 2016. Ihr Familiennachzug wurde vollkommen ausgesetzt.

Im August 2018 wurde der Familiennachzug für Geflüchtete neu geregelt.

So werden etwa subsidiär Schutzberechtigte, deren Angehörige bereits in einem Drittstaat leben, darauf verwiesen, mit ihren Angehörigen dort zusammenzuleben, soweit dies möglich und zumutbar sei. Was genau von den Behörden darunter verstanden wird, ist noch nicht klar.

Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Familiennachzugs  (Familiennachzugsneuregelungsgesetz) können subsidiär Schutzberechtigte lediglich eine Härtefallregelung zum Familiennachzug geltend machen. Ein Rechtsanspruch besteht also nicht mehr.

Pro Monat sollen aber 1.000 Visa zum Nachzug von Angehörigen ausgegeben werden. Nachzugsberechtigt sind der/die Ehepartner/in und die minderjährigen Kinder oder die Eltern eines unbegleiteten Minderjährigen. Geschwister von Minderjährigen mit subsidiärem Schutz haben keine Chance, einzureisen.

Nicht genutztes monatliches Kontingent verfällt seit Januar 2019.

Das bedeutet für die überwiegende Mehrzahl der subsidiär Schutzberechtigten das Aus des Familiennachzugs.

Irreführend: Familiennachzug

Die Richterin und Mitherausgeberin des Grundrechte-Reports, Dr. Julia Heesen, verweist in ihrem Beitrag ‚Die „Wiedereinführung“ des Familiennachzugs – eine Regelungsattrappe‘, Grundrechte-Report 2019, S. 120, darauf, dass die Debatte über die Begrenzung auf 1.000 Angehörige pro Monat verschleiere, „dass es eigentlich um die dauerhafte Abschaffung des Rechts“ ging. Dazu passe, dass die Bundesregierung bislang keine belastbaren Zahlen zum Familiennachzug zu  Geflüchteten vorgelegt habe.

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Asylbewerber*innen und Ausländer*innen mit Duldung

Von den Aufenthaltstiteln unterscheiden sich die Aufenthaltsgestattung für Asylbewerber und die Duldung. Während eines Asylverfahrens, bei dem über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen entschieden wird, gilt der Aufenthalt als erlaubt (§ 25 Abs.1 AufenthG).

Auch bei der Duldung (§ 60a AufenthG) wird der Aufenthalt aus bestimmten rechtlichen, tatsächlichen oder politischen Gründen auf Zeit geduldet, obwohl bereits darüber entschieden worden ist, dass kein Aufenthaltstitel erteilt wird. Die sogenannte Ausreisepflicht ist also nur vorübergehend ausgesetzt.

Chancen-Aufenthaltsrecht: langjährig Geduldete jetzt mit Bleibeperspektive

Am 31. Dezember 2022 ist das Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts in Kraft getreten. Das bedeutet, dass langjährig Geduldete durch eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis die Möglichkeit bekommen, das Bleiberecht zu erhalten.  Sie müssen innerhalb dieser Zeit die überwiegende eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts nachweisen, Deutschkenntnisse auf A2-Niveau erwerben und ihre Identität klären.

Die Voraussetzungen zum Erhalt des Chancen-Aufenthaltsrechts sind:

  • Die langjährig Geduldeten müssen am Stichtag 31.10.2022 seit mindestens 5 Jahren in Deutschland leben.
  • Sie müssen ununterbrochen geduldet oder gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland gelebt haben.
  • Sie müssen sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen.
  • Sie dürfen nicht wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt sein.
  • Sie dürfen nicht wiederholt vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder über Ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht haben.

Die Vorteile gegenüber der Duldung:

Die Familienangehörigen der Kernfamilie, die mit dem/der langjährig Geduldeten in einer Wohnung wohnen, bekommen auch dann eine Chancen-Aufenthaltserlaubnis, wenn sie noch keine 5 Jahre in Deutschland leben.

Langjährig Geduldete erhalten eine Beschäftigungserlaubnis, falls sie nicht schon erwerbstätig sind. Sind sie auf staatliche Hilfe angewiesen, erhalten sie Leistungen nach dem SGB II („Bürgergeld“) und nicht mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

vgl. Website der Integrationsbeauftragten vom 02.01.2023

ausführlich dazu: pro asyl vom 12.01.2023

Ausländer ohne gültige Papiere

Wie ist die Situation derjenigen Ausländer, die ohne gültige Papiere in Deutschland leben? Sie sind entweder bereits unter Verstoß gegen die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes eingereist oder sind einer später festgestellten Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Diese Ausländer, die sich illegal in Deutschland aufhalten, haben faktisch kaum Rechte. Sie müssen versteckt leben, da ständig die Gefahr besteht, dass sie entdeckt und abgeschoben werden könnten.

Klartext: Der Unterschied zwischen Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung

Bei Zurückweisungen verweigern deutsche Behörden noch an der Grenze die unerlaubte Einreise von Menschen, etwa wenn diese keinen gültigen Ausweis besitzen oder zuvor aus Deutschland ausgewiesen worden waren.

Bei Zurückschiebungen werden Menschen, die bereits unerlaubt nach Deutschland eingereist sind, innerhalb eines kurzen Zeitraums nach ihrer Einreise in ihr Herkunftsland abgeschoben oder in das EU- bzw. Schengen-Land zurückgeschoben, das nach der sogenannten Dublin-Verordnung für sie zuständig ist.

Die Abschiebung ist die zwangsweise Durchsetzung der Ausreise eines Ausländers aus Deutschland, wenn dieser keinen gültigen Aufenthaltstitel besitzt (etwa eine Duldung oder einen bewilligten Asylantrag) oder sich aus anderen Gründen nicht mehr in Deutschland aufhalten darf. Wenn der Ausländer nach einer bestimmten Frist nicht freiwillig ausgereist ist, wird er zwangsweise (teils mit Hilfe der Landes- und Bundespolizei) abgeschoben. Behörden sprechen synonym zum Begriff der Abschiebung auch von „Rückführung“.

Quelle: Bundeszentale für politische Bildung, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/flucht/218788/zahlen-zu-asyl-in-deutschland#Abschiebungen vom 26.06.2018

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Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz

Der Bundesrat hat im Oktober 2015  dem Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes zugestimmt, auf den sich Bund und Länder auf dem sogenannten Flüchtlingsgipfel am 24. September 2015 verständigt hatten. Mit dem Gesetz werden das Asylverfahrensgesetz (jetzt Asylgesetz), das Asylbewerberleistungsgesetz, das Aufenthaltsgesetz, das Baugesetzbuch und weitere Vorschriften geändert werden. Der Flüchtlingsrat NRW kritisieren den Bundesrat scharf. Die Gesetzesverschärfungen treffen geduldete Flüchtlinge besonders hart. Ein großer Teil von ihnen soll zukünftig nur noch „Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege“ erhalten. Jegliches Bargeld soll ihnen gestrichen werden, auch eine Arbeitserlaubnis sollen sie nicht erhalten. Damit wird ihnen nicht nur das „soziokulturelle Existenzminimum“ entzogen, das laut Bundesverfassungsgericht bar ausbezahlt werden muss. Auch das „physische Existenzminimum“ wird unter das vom Verfassungsgericht festgelegte Niveau abgesenkt, so Birgit Naujoks, Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW.

Lesen Sie hier die Pressemitteilung des Flüchtlingsrats NRW zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz

Das Asylverfahrenbeschleunigungsgesetz im sogenannten Asylpaket I war der Beginn einer Reihe von Änderungen. Ein Ende, mit fairen Regelungen für eine humanitäre Flüchtlingspolitik, ist nicht abzusehen.

Asylrecht im Wandel

Auf die im Oktober 2015 verabschiedeten Regelungen im sogenannten Asylpaket I folgte im März 2016 mit dem Asylpaket II eine erneute Verschärfung  Die wesentlichen Punkte: Über Asylverfahren von Bewerberinnen und Bewerbern aus „sicheren Herkunftsstaaten“ und von Menschen, die über ihre Identität täuschen, wird im Eilverfahren entschieden. Die meisten Verfahren sollen bereits in sogenannten Ankunftszentren bearbeitet werden. Asylbewerber/-innen in Aufnahmeeinrichtungen dürfen den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde nicht verlassen. Auch bei den Abschiebungen verschiebt sich etwas: Nun wird grundsätzlich Reisefähigkeit angenommen, nur bei „lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen werden Abschiebungen verschoben. Psychische Erkrankungen sind kein Abschiebehindernis mehr.

Im August 2016 trat das Integrationsgesetz in Kraft, u.a. mit der „Wohnsitzauflage“, wonach anerkannte Geflüchtete für drei Jahre ihren Wohnort nicht frei wählen dürfen. Eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erhalten anerkannte „Flüchtlinge“ und Asylberechtigte erst nach fünf statt nach drei Jahren, und das nur, wenn sie „gut integriert“ sind.

Seit Juli 2017 gibt es das „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ von „Geduldeten“ und sogenannten Gefährdern. Danach können Asylsuchende „ohne Bleibeperspektive“ bis zu zwei Jahren von den Bundesländern in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, zuvor waren es maximal sechs Monate. Zudem wird dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestattet, Handys und andere Datenträger von Geflüchteten zu überprüfen, um Informationen über ihre Identität und Herkunft zu erhalten.

Die meisten Asylrechtsreformen stießen auf Kritik, zumindest wohl bei Rechts- und Migrations-wissenschaftler*innen sowie Menschenrechtsorganisationen.

Quelle: Mediendienst Integration, https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/asylrecht.html vom 26.06.2018

Im Juni 2018 wird hitzig über einen Punkt in Bundesinnenminister Seehofers „Masterplan Migration“ gestritten, der vorsieht, Asylbewerber an der Grenze zurückzuschicken, wenn sie bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Bundeskanzlerin Merkel lehnt einen nationalen Alleingang ab und zielt auf eine europäische Lösung. Weitere Maßnahmen des Masterplans wurden erst im Juli 2018 bekannt.

Der EU-Gipfel in Brüssel befasst sich mit der Vereinbarung eines gemeinsamen europäischen Asylpakets. Zwei von sieben Richtlinien sind noch offen: die Asylverfahrensrichtlinie und die sogenannte Dublin IV-Verordnung.

Hier können Sie die Pro-Asyl-Stellungnahme zur „Dublin-Reform“ lesen

Auf dem Brüsseler Gipfel Ende Juni 2018 haben sich die EU-Staaten auf geschlossene Aufnahmelager innerhalb der EU geeinigt. Die Lager sollen auf freiwilliger Basis eingerichtet werden. Zudem sollen Sammellager in nordafrikanischen Ländern entstehen. Die betroffenen Staaten lehnen dies bislang ab.
Punkt 3: Die EU-Außengrenzen sollen stärker abgeriegelt werden.

Der „nationale Asylstreit“ zwischen CDU und CSU fand erst nach dem Krisentreffen vom 02.07.2018 ein (vorläufiges) Ende. Vereinbart wurde, künftig in bestimmten Fällen Asylbewerber/-innen bereits an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Durch die Einrichtung sogenannter Transitzentren in Deutschland sollen bereits registrierte Asylbewerber/-innen in die zuständigen EU-Länder abgeschoben werden oder an der deutsch-österreichischen Grenze direkt „zurückgewiesen“ werden. Dazu muss Deutschland mit den jeweiligen EU-Ländern Verwaltungsvereinbarungen mit Deutschland schließen, in denen die „Rückführungen“ einvernehmlich geregelt werden. Direkt an der Grenze sollen jene zurückgeführt werden, die aus  EU-Staaten kommen, die sich den angestrebten Verwaltungsabkommen „verweigern“, so der Beschluss. Dafür muss allerdings noch eine Vereinbarung mit Österreich getroffen werden.

Quelle: www.tagesschau.de, http://www.tagesschau.de/inland/einigung-asylstreit-wortlaut-101.html vom 03.07.2018

Österreich kündigte bereits an, keinerlei Regelungen zu Lasten des Landes treffen zu wollen.

Aktuelle Fragen nach der „Umverteilung“ innerhalb Europas oder einer Lösung zum Umgang mit „Flüchtlingsschiffen“ und den Menschen auf ihnen, die in Italien, Malta und Spanien anlanden, lässt das Papier offen.

Nach dem sogenannten Asylkompromiss, den die Unionsparteien mit ihrer Koalitionspartnerin SPD am 05.07.2018 getroffen haben, ist von Transitzentren keine Rede mehr, wohl aber von Transitverfahren,das jene Geflüchteten durchlaufen sollen, die bereits einen Asylantrag in einem anderen EU-Staat gestellt haben. Das Verfahren soll in Grenznähe in Räumen der Bundespolizei oder direkt nach einem Transport zum Flughafen München stattfinden.

Die Vereinbarung setzt Rücknahmeabkommen voraus, die noch geschlossen werden müssen. Geflüchtete, die aus Ländern kommen, mit den kein Rücknahmeabkommen geschlossen werden konnte, sollen nach Österreich abgeschoben werden. Auch dafür ist noch eine Vereinbarung notwendig.

Bereits 2020 hat die EU-Kommission einen umfassenden Reformplan des gemeinsamen Asylsystems  vorgelegt. Nun hat das europäische Parlament darüber entschieden. Die Gesetzesänderungen müssen noch mit dem Europäischen Rat verhandelt werden. Die Maßnahmen sind jedoch höchst umstritten.

Sie umfassen unter anderem:

  • ein sogenanntes Screening-Verfahren für alle Drittstaatsangehörigen, die irregulär in die EU einreisen,
  • ein beschleunigtes Asylverfahren an den Außengrenzen (Das deutsche Flughafen-Verfahren ähnelt den beiden Verfahren bereits),
  • einen Krisen-Mechanismus bei starker Zuwanderung,
  • ein Umverteilungs-System (Relocation) für Asylbewerber*innen aufgrund von freiwilligen „Aufnahmeversicherungen“ der einzelnen Staaten.
  • Dabei sollen familiäre oder sonstige Beziehungen zu einem bestimmten Mitgliedstaat berücksichtigt werden.

(Quelle: Fabio Ghelli vom Mediendienst Integration, vgl.: https://mediendienst-integration.de/artikel/gefluechtete-an-den-aussengrenzen-sortieren.html, abgerufen am 21.04.2023)

EU-Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) 2023

Im Juni 2023 haben sich die EU-Innenminister*innen für die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) nach den Plänen der EU-Kommission ausgesprochen.

Sie soll noch vor den Europawahlen 2024 beschlossen werden. Voraussetzung ist, dass eine Einigung mit dem Europaparlament erfolgt.

Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) beinhaltet folgende Neuerungen:

  • Es soll möglich werden, Asylverfahren schon an den EU-Außengrenzen durchzuführen. In Asylzentren in Grenznähe soll mit einem sogenannten Screening die Identität von Asylsuchenden überprüft werden. Sind deren Aufnahmechancen gering, sollen sie nicht in die EU gelangen, also sofort zurückgeschickt werden.
  • Betroffen sind zunächst Menschen aus Ländern, die eine Anerkennungsquote von unter 20 Prozent haben. Deutschland hatte zunächst eine Quote von unter 15 Prozent gefordert.  Bis zur endgültigen Überprüfung ihrer Identität, können sie in den Asylzentren festgehalten werden, was eine der stärksten Kritikpunkte an der Reform ist.

Für alle anderen gilt das bislang übliche Asylverfahren. Allerdings soll an der EU-Außengrenze eine Drittstaatenregelung Anwendung finden: Wer über einen sogenannten sicheren Drittstaat bis an die EU-Grenze gereist ist, kann sein Recht auf Asyl wegen politischer Verfolgung dann mit großer Wahrscheinlichkeit nicht geltend machen.

Zudem müssen sogenannte „sichere Drittstaaten“ nur noch „im Wesentlichen“ den Standards der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen. Dazu gehören Länder wie Tunesien oder Albanien. Kooperationsprojekte mit Nicht-EU-Ländern sind geplant.

Die Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU soll so aussehen: Die EU-Binnenländer sagen auf freiwilliger Basis die Aufnahme Geflüchteter zu, eine bestimmte Anzahl wird anhand einer Quote festgelegt. Staaten, die keine oder weniger geflüchtete Menschen aufnehmen, sollen 20.000 Euro pro nicht aufgenommenen Geflüchteten zahlen oder Sachleistungen erbringen.

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/eu-asylrechtsreform-flucht-migration-europa-100.html, abgerufen am 31.07.2023, mit detailliertem Überblick über Reformpläne und Kritik

Ende Juli 2023 erfolgte die Abstimmung des EU-Rats über die sogenannte Krisenverordnung. Danach sollte es EU-Mitgliedsstaaten etwa in politischen Krisen und bei „höherer Gewalt“ ermöglicht werden, Standards für die Flüchtlingsaufnahme und die Asylverfahren abzusenken und Grenzübergänge zu schließen können. Möglich sein sollte das auch bei einer sogenannten Instrumentalisierung von Geflüchteten durch Nachbarstaaten (also, wenn Menschen benutzt werden, um andere Mitgliedsstaaten oder die EU unter Druck zu setzen), zum Beispiel wie 2021 an der polnisch-belarussischen Grenze geschehen. Dann könnten die Betroffenen in das sogenannte Grenzverfahren genommen – und bis zu 40 Wochen festgehalten – werden.

Vgl.: https://taz.de/Asylrecht-in-der-EU/!5946395/

Die Bundesregierung hat sich bei der Abstimmung enthalten, eine Einigung auf eine Position für Verhandlungen mit dem Europaparlament konnte u.a. wegen dieser Enthaltung nicht erfolgen. Ungarn und Polen geht das Vorhaben dagegen nicht weit genug.

Handelsblatt.de vom 27.07.2023, https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/flucht-bundesregierung-hat-weiterhin-bedenken-gegen-asyl-krisenverordnung/29282458.html

Zeit.de vom 16.07.2023, https://www.zeit.de/news/2023-07/16/bundesregierung-geplante-asyl-krisenverordnung-kritisch

Kritiker*innen sehen im Entwurf der Krisen-Verordnung die Legalisierung eines Rechtsbruchs und befürchten die faktische Aushebelung geltenden Asylrechts.

Pressemitteilung der AWO vom 5.7.2023, https://awo.org/geltendes-asylrecht-wuerde-faktisch-ausgehebelt-awo-kritisiert-geplante-eu-krisenverordnung

Gemeinsames Statement von 55 Organisationen: Appell an die Bundesregierung zu ihrer Position zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems: https://awo.org/sites/default/files/2023-07/Gemeinsames-Statement_GEAS_Nein-zur-Instrumentalisierung-durch-die-Hintertuer_4.07.2023_0.pdf

Klagen versprechen Erfolg

Laut Süddeutscher Zeitung (14. Januar 2018) gewinnen gut 44 % aller Asylbewerber/-innen, die gegen die Ablehnung ihres Asylantrags klagen, das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Die Zahl berücksichtigt allein inhaltliche Entscheidungen, keine formalen. Menschen aus Syrien und Afghanistan können hohe Erfolgsraten vorweisen, nämlich 69 und 61 %. Legt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) allerdings Rechtsmittel ein, kehren sich laut Spiegel vom 15.01.2018 die Verhältnisse oft wieder um, sprich: es ist in zweiter Instanz erfolgreich.

Wie sich aus Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion ergibt, wird gegen fast alle ablehnenden Asylbescheide des BAMF Klage erhoben. Bis Ende September 2017 waren bereits 273.000 Klagen eingegangen.