Illegalisierte

legal

Behandlung von Patientinnen ohne gültige Papiere

Medizinische Versorgung und Schweigepflicht

Die Situation von Ausländern, die sich ohne gültige Papiere in Deutschland aufhalten und medizinische Versorgung benötigen, ist besonders schwierig. Das Asylbewerberleistungsgesetz gewährt ihnen zwar einen Anspruch auf Krankenhilfe nach §§ 1 I Nr.5, 3 AsylbLG. Problematisch hierbei ist aber, dass sie, um die Leistungen in Anspruch nehmen zu können, in der Regel vorher einen Behandlungsschein bei der Behörde beantragen müssen. Das birgt die Gefahr, dass ihre Daten an die Ausländerbehörde oder die Polizei weitergeleitet werden, was wiederum in letzter Konsequenz zu einer Abschiebung führen kann (§ 87 AufenthG). Aus diesem Grund suchen viele Ausländer ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus trotz schwerer Erkrankungen keinen Arzt auf.

In Notfallsituationen ist allerdings kein Behandlungsschein erforderlich. Der Arzt kann die Notfallbehandlung in diesem Fall hinterher selbst bei der zuständigen Behörde in Rechnung stellen. Aufgrund seiner Schweigepflicht darf er dabei die personenbezogenen Daten zu dem Patienten nicht an die Behörde weiterleiten (§ 203 StGB in Verbindung mit § 88 AufenthG).

Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) zum Aufenthaltsgesetz vom 26.10.2009 erstreckt sich diese Schweigepflicht auch auf die Stellen, die mit dem Arzt zu dem Fall im Austausch stehen, also neben z.B. der Krankenhausverwaltung insbesondere auch die Behörde. Dieser sogenannte „verlängerte Geheimnisschutz“ müsste demnach zur Folge haben, dass zumindest in medizinischen Notfallsituationen die Gefahr einer Weiterleitung der Daten nicht besteht.

Allerdings wird der verlängerte Geheimnisschutz in der Praxis nicht immer ausreichend beachtet, so dass es auch in diesen Fällen sein kann, dass die Ausländerbehörde oder die Polizei über die Lebenssituation des Patienten informiert wird.

Das zweite Problem: Oft geschieht es, dass die medizinische Behandlung verwehrt wird, solange der Kostenträger unklar ist. Der sogenannte „Nothelferparagraf“ § 6a AsylbLG ist dann nicht praktikabel, denn offenbar zahlen Sozialämter nur in einem Bruchteil der Fälle – zum finanziellen Nachteil der Krankenhäuser.

Die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität hat im August 2019 ein Arbeitspapier zum Thema „Notfallhilfe im Krankenhaus für Menschen ohne Papiere“ zusammengestellt.

Hier werden auch Fälle geschildert, in denen Schwangere ohne Krankenversicherungsschutz vom Krankenhaus bzw. Kostenübernahmen von den Sozialbehörden abgelehnt werden.

Hebammenhilfe und Schweigepflicht

Dasselbe gilt auch für die Beantragung von Hebammenhilfe für Patientinnen ohne gültige Papiere. Obwohl auch hier der verlängerte Geheimnisschutz greifen müsste, ist dies in der Praxis nicht immer so. Es besteht also auch hier die Gefahr, dass unter Umständen personenbezogene Daten von den Behörden weitergeleitet werden.

Alternativen

Aufgrund dieser Problematik sind in mehreren nordrhein-westfälischen Städten Anlaufstellen für Menschen ohne Zugang zum Gesundheitswesen geschaffen worden, u.a. in Bochum, Bonn, Bielefeld, Düsseldorf, Essen und Köln. Diese Stellen vermitteln die Patienten anonym und kostenfrei an meist ehrenamtlich tätige Ärzte und Hebammen.

Um schwangere Frauen nicht der Gefahr einer späteren Abschiebung auszusetzen, empfiehlt es sich daher, sie an eine dieser Anlaufstellen weiterzuvermitteln. Ein Auflistung dieser Medibüros, Medinetze und Medizinischen Flüchtlingshilfen finden Sie hier.

Bei Interesse an der Arbeit dieser Organisationen besteht natürlich auch immer die Möglichkeit, sich dort selbst ehrenamtlich zu engagieren!