Fremdenhass statt Freundlichkeit

Täglich kommen zahlreiche Geflüchtete in Deutschland an. Sie erleben Hilfsbereitschaft und Offenheit, aber auch Hass und Übergriffe. Wir sind der Frage nachgegangen, wie viele der Straftaten gegen Asylunterkünfte bzw. Geflüchtete begangen wurden, und wie hoch der Anteil rechtsmotivierter Taten war.

Jede Statistik dazu hat ihre Fallstricke: Hier sind nur die Taten aufgenommen, bei denen es zu einer Anzeige gekommen ist. Die sogenannte Dunkelziffer liegt – wie immer – um ein mehrfaches höher. Zudem hat die Statistik möglicherweise Anfang 2015 die rechtsmotivierten Straftaten gegen Flüchtlingsheime und Geflüchtete noch nicht ausgewiesen, die Deliktszahlen für 2015 und 2016 derzeit noch nicht abschließend.

Nach Informationen des Bundeskriminalamts wurden 2016 bundesweit bislang 314 Delikte zum Themenfeld „Straftaten gegen Asylunterkünfte“ registriert (Stand 11.04.2016).  Rechtsmotivierte Täter sind für 288 dieser Übergriffe verantwortlich. Bei 26 Delikten kann eine politische Motivation noch nicht sicher ausgeschlossen werden. Überwiegend handelte es sich um Gewaltdelikte (62), Sachbeschädigungen (117) und Propagandadelikte (76), wie zum Beispiel „Volksverhetzung“, § 130 StGB oder „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, § 86a StGB. Es gab  35 Brandstiftungen, vier Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz und in einem Fall das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Im Jahr 2015 wurden bundesweit 1.029 Delikte (Stand 15.02.2016) als Straftat gegen Asylunterkünfte verzeichnet. 920 dieser Übergriffe wurden von rechtsmotivierten Tätern verübt. 177 der 1.029 Taten waren Gewalttaten.

Was die Kriminalität Asylsuchender angeht, formuliert das Bundeskriminalamt für das Jahr 2015 eine Kernaussage. Die Entwicklung der durch Zuwanderer begangenen Straftaten weicht deutlich von der Entwicklung der Zuwanderungszahlen ab: Die weit überwiegende Mehrheit der Asylsuchenden begeht keine Straftaten.

So sieht die Lage in den auf dieser Website vertretenen Bundesländern aus:

Baden-Württemberg:
2015 gab es in Baden-Württemberg 68 politisch motivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte, davon 61 mit einem rechtsmotivierten Tathintergrund. Von diesen 68 Straftaten waren u.a. 29 Sachbeschädigungen, 15 Propagandadelikte und acht Brandstiftungen. Gegen Geflüchtete selbst richteten sich 18 Straftaten, überwiegend Körperverletzungen, davon waren 15 rechtsmotiviert. Bis Ende Februar 2016 wurden bereits 25 politisch motivierte Straftaten gegen Asylunterkünfte verübt. In 35 Fällen (33 Fälle rechtsmotiviert) waren Geflüchtete Opfer.

Hessen:
Die Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes Hessen trifft derzeit noch keine Aussagen über Straftaten gegen Asylsuchende. Hier sind Änderungen geplant, die jedoch erst 2016 bzw. 2017 umgesetzt werden. Konstatiert wird, dass mit direkten Aktionen und Übergriffen die Schwelle von Hetze und Bedrohung deutlich überschritten sei. Mit steigender Anteilnahme in der Öffentlichkeit habe auch die Agitation in der rechten Szene zugenommen.

NRW:
Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte hat sich 2015 in Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Vorjahr mehr als verachtfacht, so Innenminister Jäger in seiner Pressemitteilung vom 26.01.2016.  In Zahlen heißt das konkret: 214 Übergriffe in 2015 stehen 25 in 2014 gegenüber. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um propagandistisch und politisch motivierte Delikte, wie Schmierereien mit Hakenkreuzen und rassistischen Parolen bis hin zu direkten Androhungen von Gewalt. Aber es gab auch 28 Gewaltdelikte wie Körperverletzung oder Brandstiftung. Insgesamt wurden fünf Menschen leicht verletzt. Bislang wurden knapp 70 Verdächtige ermittelt und ein Viertel der Taten aufgeklärt.

Bei den Analysen ergab sich folgendes Täterprofil: Die Taten werden bislang mit etwa 75 Prozent überwiegend durch Straftäter aus der Nachbarschaft oder der Region begangen. Ein Drittel ist zuvor noch nie polizeilich auffällig geworden,  zwei Drittel haben keinen Bezug zum organisierten Rechtsextremismus.  Der Innenminister macht vor allem die rechtsextremistische und rassistische Hetze im Internet für die Zunahme der Übergriffe verantwortlich, Die Facebook-Profile von Pro NRW, von „Die Rechte“, NPD und „Der III. Weg“ veröffentlichten fortwährend hasserfüllte und in der Gesamtschau herabwürdigende Berichte über Flüchtlinge, so Jäger. Es sei ein Trend erkennbar, dass diese rechtsextremistische Hetze im Internet immer häufiger unter Klarnamen verbreitet werde.

Thüringen:
Gegen bestehende, geplante oder vermutete Unterkünfte für Geflüchtete sind im Freistaat Thüringen von Januar bis November 2015 insgesamt 58 Straftaten verübt worden. Davon sind allein 32 der politisch motivierten Kriminalität – rechts – zuzurechnen. 2014 waren es insgesamt nur neun Straftaten, wovon acht rechts motiviert waren. Dabei reichten die Straftaten von Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch bis zu Bedrohung und Beleidigung. Mithilfe der Einrichtung eines „Runden Tisches“, an dem auch Vertreter von Migrantinnen und Migranten sowie Vertreter von Einrichtungsleitung, Kommunen und Verbänden teilnehmen, soll diesen Entwicklungen entgegengearbeitet werden.

Laut Bundesinnenministerium spiegele die Zunahme von Gewalttaten einen bundesweiten Trend wider.